'Hoch'Zeit

Unsere Tochter lebt seit einigen Jahren in der Schweiz. Sie ist hochschwangerund wird heiraten.

Das geplante Hochzeitsfest wurde wegen Corona abgesagt, aber sie dürfen sich im Standesamt das Jawort geben.

Die Zeremonie darf allerdings nur ein paar Minuten dauern.

'Liebe in den Zeiten von Corona'

Natürlich wollen wir dabei sein und hoffen, dass es Grund genug ist, um in die Schweiz einreisen zu dürfen.

Mein Mann ruft sämtlich Botschaften, Konsulate und Institutionen an. Keiner kann ihm eine adäquate Auskunft geben und niemand sagt uns, dass es unmöglich ist.

Schließlich erfahren wir, zwei Tage vor dem Hochzeitstermin, dass wir uns eine Genehmigung bei der hiesigen Polizeidienststelle holen sollen.

 

Als wir dort eintreffen hebt der 'Comandante'  abwehrend die Hände. Das sei nicht seine Aufgabe. Er rät uns den letzten Beschluss auszudrucken und ihn gegebenenfalls von den Polizeikontrollen, auf der Straße, ausfüllen zu lassen.  Ob wir alllerdings die Grenze passieren dürften, wisse er auch nicht.

Okay, das reicht uns, um unser Glück zu versuchen.

Am nächsten Tag, einen Tag vor der Hochzeit brechen wir auf. Bis zur Grenze von Chiasso sind es sechshundert Kilometer. Wir  passieren mehrere Mautstellen, sehen  Polizeikontrollen, doch keiner hält uns an. Wir freuen uns schon. Nach sechs Stunden kommen wir in Chiasso an. Der Adrenalinpegel steigt.

M. streift sich einen Plastikhandschuh über, ich halte mein Multifunktionstuch bereit, um es über den Mund zu ziehen.

Ein 'Knabe' in Uniform und arroganter Haltung nimmt unser Formular entgegen, dass wir mit zitternden Händen herauskramen. Er schaut uns prüfen an.

'Aussteigen'

Eine Stimme, gerade dem Gitterbett entsprungen, hängt sich an einen noch ungeübten Befehlston.

M. und ich sehen uns an und steigen aus. Wir hatten uns geschworen, Ruhe zu bewahren und, komme was wolle, freundlich zu bleiben.

Ich erzähle ihm kurz unsere Motivation, versuche zu erklären, warum die Einreise so wichtig ist.

Seine Entgegnungen sind alles andere als professionell. Ich fühle Wut aufsteigen. Der Knabe entfernt sich. Anscheinend kann er es kaum erwarten die Karriereleiter hochzuklettern.

Vom Carabi'niente' zum 'Coglionello' ist es ein langer, harter Weg.

In der Zwischenzeit zeigt sich eine junge Frau. Ihr halbes Gesicht ist hinter einem Mundschutz verborgen. Ihre dunklen Augen blicken mitfühlend.

Ein leiser Hoffnungsschimmer...

..wird erstickt von einem dritten Kontrolleur, der uns die Formulare entgegenhält und mitteilt, dass wir auf keinen Fall über die Grenze kommen.

Wir erzählen ihm von den Anrufen sämtlicher offizieller Stellen. Er bleibt hart.

Ob wir keine Nachrichten sehen würden.

Nein, das tun wir grundsätzlich nicht.

Warum auch?

Was hätte es für einen Sinn, sich Bilder anzuschauen, die mich in Angst und Schrecken versetzen, während ich auf der Couch sitze und nichts tun kann? (das behalte ich allerdings für mich)

Wir kommen nicht über die Grenze. Keine Chance.

Wieder entfernt er sich, sagt, er müsse das Protokoll schreiben.

Nach geschlagenen drei Stunden und einer Anzeige dürfen wir wieder nach Hause fahren. Fünfzehn Stunden waren wir unterwegs, aber wir haben es versucht. Hätte ja klappen können.

Was kann es für Eltern wichtigeres geben, als an solch einem Tag ihrer Tochter zur Seite stehen zu wollen.

Ein Virus, ist es sicher nicht.

 

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, hat er vorher zehntausend qm 'Auslauf' und irgendwann vielleicht nur noch

zehn', richtet er sich seinen Platz 'gemütlich' ein und freut sich, dass er wenigstens den noch hat.

Bleibt, dass wir in dieser, unserer Beschränktheit noch einigermaßen 'frei' surfen dürfen.

Und sollte das Netz zusammenbrechen?

Keine Bange, 5G steht schon in den 'Startlöchern'.

 

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Ulrike (Sonntag, 12 April 2020 19:23)

    Das ist bitter. Ich verstehe, dass Ihr traurig seid und fühle mit.

  • #2

    Du weist schon (Montag, 13 April 2020 12:02)

    Virus an vordester Stellung, dass niemand 5G in Betriebnahme mitbekommt...Deutschland 19.Mrz....
    Aber war doch schon immer so.
    Lügner, verstecken, werden ruhig und dann bum...

  • #3

    Barbara (Montag, 13 April 2020 12:49)

    danke für die uns sehr berührenden Worte, wir haben mit klopfenden Herzen Eure “Reise” uns vorgelesen. Was für eine Kraft , was für ein liebevolleres Hochzeitsgeschenk an Eure Kinder . Liebe Manuela und lieber M.�wir danken Euch für diese Zivilcourage. Für uns relativieren sich persönliche “Einschränkungen”, bleibt Gesund